European-American Evangelistic Crusades

             
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Gottes Umwege


 

(Verfasser unbekannt)
 
Wenn bei dir nächstes Mal schon am Morgen alles schief zu laufen scheint, die Kinder sich zu langsam anziehen, du die Autoschlüssel nicht findest und vor jeder roten Ampel stehen bleiben musst, dann werde nicht ärgerlich oder frustriert. Preise stattdessen Gott, denn Gott wacht über dich.
 
Nach der schrecklichen Katastrophe am 11. September 2001 habe ich mit einem Geschäftsmann gesprochen, den ich nicht kannte, mit dem ich nie zuvor gesprochen habe und mit dem ich höchstwahrscheinlich auch nie wieder sprechen werde. Doch an diesem speziellen Tag war ihm nach Reden zumute. Er war der Chef eines Sicherheitsdienstes, der den verbliebenen Mitarbeitern eines anderen Sicherheitsdienstes, der durch den Angriff auf die Zwillingstürme stark dezimiert worden war, angeboten hatte, seine Büroräume mit zu benutzen. Mit einer Stimme voller Ehrfurcht erzählte er mir Geschichten darüber, wieso diese Mitarbeiter am Leben geblieben waren während ihre Kollegen in den Tod gerissen wurden. Letzten Endes ging es in all diesen Geschichten um die kleinen Dinge, die uns so passieren. Der Chef selbst kam an diesem Tag zu spät weil sein Sohn seinen ersten Kindergartentag hatte. Ein anderer Mann lebte noch weil er an diesem Tag an der Reihe war, die Brötchen zu holen. Was mich wirklich ergriffen hat war die Geschichte von dem Mann, der an diesem Morgen ein paar neue Schuhe angezogen hatte, sich dann auf den Weg machte, aber noch vor seiner Ankunft am Arbeitsplatz feststellte, dass er sich eine Blase gelaufen hatte. So machte er noch kurz an einer Drogerie Halt um sich Pflaster zu kaufen. Nur deshalb ist er heute noch am Leben.
 
Wenn ich jetzt im Verkehr stecken bleibe, den Aufzug verpasse, noch einmal umkehren muss weil das Telefon klingelt...all die kleinen Dinge, die mich so nerven…dann denke ich: das ist genau das, wo Gott mich gerade in diesem Moment haben will. Möge Gott fortfahren, dich mit all diesen lästigen Dingen zu segnen.  
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Wer nimmt den Sohn?


 
Ein reicher Mann und sein Sohn liebten es, seltene Kunstwerke zu sammeln. Sie hatten schon alles in ihrer Sammlung, von Picasso bis Raphael. Oft saßen sie zusammen und erfreuten sich an den großartigen Schöpfungen.
Als der Vietnamkrieg ausbrach, zog der Sohn in den Kampf. Er war sehr mutig und starb an der Front während er einem anderen Soldaten das Leben rettete. Der Vater wurde benachrichtigt und trauerte zutiefst um seinen einzigen Sohn.  
 
Etwa einen Monat später klopfte es kurz vor Weihnachten an seine Tür. Ein junger Mann mit einem großen Paket in der Hand stand draußen.
 
Er sagte: "Sir, Sie kennen mich nicht, aber ich bin der Soldat, für den Ihr Sohn sein Leben opferte. Er hat an diesem Tag vielen das Leben gerettet und er trug mich gerade in Sicherheit als ihn eine Kugel mitten ins Herz traf und er auf der Stelle starb. Er hat oft von Ihnen und Ihrer Liebe für Kunstwerke gesprochen.
 
Der junge Mann streckte ihm sein Paket entgegen. „Ich weiß, es ist nicht viel und ich bin nicht wirklich ein großer Künstler, doch ich glaube, Ihr Sohn hätte gewollt, dass Sie das hier bekommen."
 
Der Vater öffnete das Paket. Es war ein Portrait seines Sohnes, das der junge Soldat gemalt hatte. Der Vater starrte in Ehrfurcht auf die Art und Weise, wie dieser die Persönlichkeit seines Sohnes in dem Gemälde eingefangen hatte. Er wurde so von den Augen angezogen, dass in seine eigenen Augen Tränen traten. Er dankte dem jungen Mann und bot ihm an, für das Bild zu bezahlen. „Oh nein, mein Herr. Ich könnte niemals wieder gut machen, was Ihr Sohn für mich getan hat. Es ist ein Geschenk."
 
Der Vater hängte das Portrait über seinen Kaminsims. Wann auch immer Besucher zu ihm nach Hause kamen, zeigte er ihnen das Portrait seines Sohnes bevor er ihnen irgendeines der anderen großartigen Kunstwerke zeigte, die sich in seiner Sammlung befanden.
 
Ein paar Monate später starb der Vater. Es sollte eine große Versteigerung seiner Gemälde geben. Viele einflussreiche Leute versammelten sich, begeistert von der Aussicht, die großartigen Kunstwerke zu sehen und womöglich die Gelegenheit zu haben, eines davon für die eigene Sammlung zu erwerben. Auf der Plattform stand zunächst das Gemälde, das den Sohn zeigte.
 
Der Auktionator hob seinen Hammer. “Wir beginnen die Versteigerung mit diesem Bild von seinem Sohn. Wer bietet für dieses Gemälde?" Stille. Dann rief eine Stimme aus den hintersten Reihen: "Wir wollen die berühmten Gemälde sehen. Überspringen Sie dieses." Doch der Auktionator beharrte: "Bietet jemand für dieses Bild? Wer gibt das erste Gebot ab?" Eine andere Stimme rief ärgerlich: "Wir sind nicht gekommen, um dieses Bild zu sehen. Wir wollen die Bilder von Van Gogh und Rembrandt sehen. Machen Sie weiter mit den wahren Angeboten!" Doch der Auktionator ließ sich nicht beirren still: "Der Sohn! Der Sohn! Wer nimmt den Sohn ?" Schließlich ertönte eine Stimme von ganz hinten. Es war der alte Gärtner, der Vater und Sohn gedient hatte. „Ich gebe 10 Dollar für das Bild."
 
Da er ein armer Mann war, konnte er nicht mehr aufbringen. „Wir haben ein Gebot über 10 Dollar. Wer bietet 20 Dollar?", fragte der Auktionator. "Geben Sie es ihm für 10 Dollar. Lassen Sie uns die Meister sehen." "10 Dollar sind geboten, bietet jemand 20 Dollar?" Die Menge wurde jetzt ungehalten. Sie wollten das Bild des Sohnes nicht sehen. Sie wollten die wertvollen Investitionen für ihre Sammlungen sehen. Der Auktionator schwang den Hammer: „10 Dollar zum Ersten, 10 Dollar zum Zweiten und 10 Dollar zum Dritten! Verkauft für 10 Dollar!" Ein Mann in der zweiten Reihe rief: “Nun machen Sie weiter mit der Sammlung!"
 
Doch der Auktionator legte seinen Hammer nieder. „Es tut mir leid, aber die Auktion ist vorbei." "Aber was ist mit den anderen Gemälden?" "Es tut mir leid, aber als ich bestellt wurde, um diese Versteigerung durchzuführen, bin ich von einer geheimen Klausel im Testament in Kenntnis gesetzt worden, die ich erst jetzt, nach der Versteigerung des Gemäldes von seinem Sohn, bekannt geben darf. Es sollte ausschließlich das Gemälde des Sohnes versteigert werden. Wer auch immer dieses Gemälde kaufen würde, soll das gesamte Vermögen einschließlich der Kunstsammlung erben. Derjenige, der den Sohn genommen hat, bekommt nun alles!"
 
Gott gab vor 2.000 Jahren seinen Sohn hin, damit dieser an einem grausamen Kreuz sterben sollte. Ähnlich wie der Auktionator lautet auch seine heutige Botschaft an uns: "Der Sohn, der Sohn, wer nimmt den Sohn?" Denn wer auch immer den Sohn nimmt, bekommt alles.
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(Autor unbekannt)
 
 

Und wie ist es mit Enthaltsamkeit?

 
von Robert Layton
 
Ich hielt eine Einladung der Schule meines 13jährigen Sohnes in den Händen. Darin wurde ein Abend angekündigt, an dem das neue Fach Sexualkunde näher vorgestellt werden sollte. Den Eltern sollte so die Möglichkeit gegeben werden, sich ein Bild von den geplanten Lehrinhalten zu machen und an einer Unterrichtsstunde teilzunehmen, die exakt so ablaufen sollte wie es auch später vor den Schülern der Fall sein würde.
 
Als ich an dem besagten Abend in der Schule ankam, war ich zunächst einmal überrascht, dass nur etwa ein Dutzend Eltern gekommen waren. Während wir auf die Präsentation warteten, durchblätterte ich Seite für Seite die Anweisungen zur Verhinderung einer ungewollten Schwangerschaft oder einer Geschlechtskrankheit. Ich stellte fest, dass Enthaltsamkeit nur nebenbei erwähnt wurde.
 
Als der Lehrer ankam, fragte er, ob es noch irgendwelche Fragen zu den Unterlagen gäbe. Ich fragte, weshalb Enthaltsamkeit keinen merklichen Raum in dem Material einnahm. Was daraufhin geschah, war schockierend.
 
Es gab eine ganze Menge Gelächter und jemand schlug vor, wenn ich doch der Meinung sei, dass Enthaltsamkeit von irgendeinem Nutzen sei, sollte ich doch weiterhin den Kopf in den Sand stecken. Der Lehrer sagte nichts dazu, während ich in einem Meer von Betretenheit versank. In meinem Kopf war alles leer und mir fiel nichts mehr ein, was ich hätte sagen können. Der Lehrer erklärte mir, es sei die Aufgabe der Schule, die „Fakten“ zu lehren, für das Moralische seien die Eltern zu Hause verantwortlich. Die nächsten zwanzig Minuten lang saß ich still da und hörte zu, als der Lehrplan erläutert wurde. Die anderen Eltern schienen dem Material ihre unqualifizierte Unterstützung zu geben.
 
"Im Foyer gibt es Donuts”, kündigte der Lehrer während der Pause an. “Und ich möchte Sie bitten, die Namensschildchen anzustecken, die wir vorbereitet haben. Sie liegen direkt neben den Donuts. Und dann tauschen Sie sich doch bitte mit den anderen Eltern aus." Alle standen auf und gingen ins Foyer. Ich sah zu, wie sie sich die Namensschildchen ansteckten, sich begrüßten und unterhielten. Währenddessen saß ich tief in meine Gedanken versunken da. Ich schämte mich, dass ich es nicht geschafft hatte, sie davon zu überzeugen, eine ernsthafte Diskussion des Themas Enthaltsamkeit in das Material einzubeziehen. Ich betete leise um Gottes Führung.
 
Meine Gedanken wurden durch die Hand des Lehrers auf meiner Schulter unterbrochen. „Möchten Sie sich nicht zu den anderen gesellen, Herr Layton?" Er lächelte mich freundlich an. „Die Donuts sind sehr gut!" "Nein, danke", erwiderte ich. "Nun, wie wäre es dann mit einem Namensschildchen? Ich bin sicher, die anderen würden sich gerne mit Ihnen austauschen." "Irgendwie bezweifle ich das" antwortete ich. "Möchten Sie nicht bitte zu ihnen gehen?" versuchte er mich zu überreden. Da hörte ich eine leise, innere Stimme flüstern: "Geh’ nicht." Die Anweisung war unmissverständlich: „Geh’ nicht!“ – „Ich werde einfach hier warten“, sagte ich.
 
Nachdem der zweite Teil des Abends begonnen hatte und alle wieder auf ihren Plätzen saßen, dankte der Lehrer allen dafür, dass sie die Namensschildchen angesteckt hatten. Mich ignorierte er. Dann sagte er: “Nun werden Sie dieselbe Lektion miterleben, die wir Ihre Kinder lehren werden. Nehmen Sie doch bitte alle Ihre Namensschildchen ab." Ich schaute still zu, wie alle taten, um was sie gebeten worden waren. „Nun, auf die Rückseite eines der Schildchen habe ich eine kleine Blume gemalt. Wer hat diese Blume auf seinem Schildchen?" Ein Mann, der schräg vor mir saß, hielt sein Schildchen hoch: "Hier ist sie!" "Okay", sagte der Lehrer. "Diese Blume repräsentiert eine Geschlechtskrankheit. Können Sie sich noch daran erinnern, wem Sie die Hand geschüttelt haben?" Der Mann deutete auf zwei Leute. "Sehr gut", erwiderte der Lehrer. „Das Händeschütteln steht in diesem Fall für Intimitäten. Die beiden Leute, mit denen Sie Kontakt hatten, haben jetzt also auch diese Krankheit."
 
Es gab Gelächter und ein paar Witzeleien unter den Eltern. Der Lehrer fuhr fort: "Und wem haben SIE BEIDE die Hand geschüttelt?" Die Botschaft war angekommen und der Lehrer erklärte, dass diese Lektion den Schülern demonstrieren sollte, wie schnell sich solch eine Krankheit ausbreitet. "Da wir uns alle gegenseitig die Hände geschüttelt haben, haben wir nun alle die Krankheit."
 
Da hörte ich die kleine, leise Stimme wieder. “Sprich’ jetzt”, sagte sie, “aber sei demütig dabei." Ich erhob mich von meinem Stuhl und entschuldigte mich für jede Störung, die ich zuvor verursacht haben könnte. Ich gratulierte dem Lehrer für eine ausgezeichnete Lektion, die die jungen Leute bestimmt beeindrucken würde. Dann schloss ich indem ich sagte, ich würde nur gerne noch auf einen kleinen Punkt hinweisen: "Nicht alle von uns haben sich angesteckt“, sagte ich. „Einer von uns hat Enthaltsamkeit geübt."
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Drei Bäume


 
Einst standen drei Bäume auf einem Hügel in den Wäldern.
 
Sie sprachen über ihre Hoffnungen und Träume als der erste Baum sagte: "Eines Tages möchte ich eine Schatztruhe sein. Ich könnte mit Gold, Silber und Edelsteinen gefüllt sein. Ich könnte durch prächtige Gravuren verziert sein und jeder würde die Schönheit sehen."
Dann sagte der zweite Baum: "Eines Tages möchte ich ein prächtiges Schiff sein. Ich möchte Könige und Königinnen übers Wasser tragen und an alle Enden der Welt segeln. Jeder wird sich in mir sicher fühlen wegen der Stärke meines Bootsrumpfes."
 
Schließlich sagte der dritte Baum: "Ich möchte solange wachsen, bis ich der höchste Baum im ganzen Wald bin. Die Menschen werden mich oben auf dem Hügel sehen und meine Zweige betrachten und an den Himmel und an Gott denken und wie nahe ich an sie heranreiche. Ich werde der größte Baum aller Zeiten sein und die Menschen werden sich immer an mich erinnern."
 
Nach ein paar Jahren und zahlreichen Gebeten, dass ihre Träume doch in Erfüllung gehen möchten, näherte sich ein Trupp Holzfäller den Bäumen. Als sie den ersten Baum sahen, sagten sie: "Dieser hier sieht stark aus. Das Holz können wir sicher gut an den Tischler verkaufen." Und sie begannen, den Baum zu fällen. Der Baum war glücklich, weil er sich sicher war, dass der Tischler eine Schatztruhe aus ihm machen würde.
 
Von dem zweiten Baum sagten die Holzfäller: "Dieser hier sieht auch stark aus, den könnten wir sicher gut an die Werft verkaufen." Der zweite Baum war glücklich, weil er sich sicher war, dass er nun bald ein prächtiges Schiff sein würde.
 
Als die Holzfäller an dem dritten Baum vorbeikamen, bekam der Baum Angst, dass sie ihn auch fällen würden. Denn er wusste, dass dann seine Träume nie in Erfüllung gehen würden.
 
Einer der Holzfäller sagte: "Ich brauche noch einen Baum, der keine besonderen Qualitäten haben muss, also werde ich diesen hier nehmen." Und er fällte den Baum.
 
Als der erste Baum beim Tischler ankam, machte der einen Futtertrog für Tiere daraus. Dieser wurde dann in einen Stall gestellt und mit Heu gefüllt. Das war ganz und gar nicht das, wofür er gebetet hatte.
 
Der zweite Baum wurde zersägt und zu einem kleinen Fischerboot gemacht. Seine Träume von dem prächtigen Schiff, das Könige transportieren würde, waren zu einem abrupten Ende gekommen.
 
Der dritte Baum wurde in lange Stücke geschnitten und alleine im Dunkeln liegen gelassen. Die Jahre vergingen und die Bäume hatten ihre einstigen wundervollen Träume längst vergessen.
 
Dann kamen eines Tages ein Mann und eine Frau in den Stall. Die Frau brachte ein Kind zur Welt und legte das Baby in das Heu in der Futterkrippe, die aus dem ersten Baum gemacht worden war.
 
Der Mann wünschte, er hätte eine richtige Wiege für das Kind machen können, doch diese Futterkrippe würde reichen müssen. Der Baum konnte die Bedeutsamkeit dieses Ereignisses spüren und wusste, dass er nun den größten Schatz aller Zeiten beherbergte.
Jahre später stieg eine Gruppe von Männern in das Fischerboot, das aus dem zweiten Baum gemacht worden war. Einer von ihnen war müde und legte sich schlafen. Während sie da auf dem Wasser waren, kam ein gewaltiger Sturm auf und der Baum dachte, er sei sicher nicht stark genug um die Männer sicher ans andere Ufer zu bringen. Die Männer weckten den schlafenden Mann auf und als dieser aufstand und sagte: „Sei still!“ hörte der Sturm augenblicklich auf. Zu diesem Zeitpunkt wusste der Baum, dass er den König der Könige in seinem Boot transportiert hatte.
 
Schließlich kam auch jemand und holte den dritten Baum ab. Er wurde durch die Straßen getragen während eine tobende Menschenmenge den Mann verspottete, der ihn trug. Als sie anhielten, wurde der Mann an den Baum genagelt und hoch in die Luft erhoben um auf einem Hügel zu sterben.
 
Als der nächste Sonntag kam, erkannte der Baum, dass er stark genug war um ewig auf der Spitze des Hügels zu stehen und Gott so nah wie möglich zu sein weil Jesus an ihm gekreuzigt worden war.
 
Wenn die Dinge sich nicht so entwickeln, wie du es gedacht hast oder deine Träume scheinbar nicht in Erfüllung gehen, dann wisse immer, dass Gott einen Plan für dich hat. Wenn du dein Vertrauen auf ihn setzt wird er dir gewaltige Geschenke machen. Jeder der drei Bäume hatte schließlich bekommen, was er sich gewünscht hatte, nur eben nicht auf dieselbe Weise, wie er es sich ausgemalt hatte – dafür aber noch um vieles herrlicher.
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(Autor unbekannt)
 
 
 

Fernsehinterview mit einer alten Frau


 
Autor unbekannt
 
Man erzählt sich eine Geschichte über eine alte Dame aus Arkansas. Der Staat hatte beschlossen, die Sozialhilfezahlungen für Mittellose zu erhöhen. In der Hoffnung auf eine herzzerreißende Story begab sich ein Fernsehreporter ins Hinterland, wo viele Sozialhilfeempfänger lebten.
 
Die alte Frau, die er für ein Interview auswählte, lebte in einer aus einem einzigen Raum bestehenden Hütte: zugig im Winter und stickig im Sommer. Ihr Bett bestand aus ein paar nackten Brettern, die zusammen genagelt wurden und einer Matratze aus Kiefernadeln. Ein paar dünne Decken und ein kleiner Ofen konnten sie kaum vor der Kälte schützen.
 
Ihre Möbel – ein Tisch und zwei Stühle – waren aus demselben, rauen Holz hergestellt wie ihr Bett. Ein paar Regalbretter beherbergten ein paar Konservendosen aus dem Kramladen in etwa fünf Kilometern Entfernung. Mehrere Gläser mit Eingemachtem und ein paar Kürbisse vervollständigten ihre Vorräte.
 
Sie hatte keinen Kühlschrank. Der Ofen stellte die nötige Hitze zum Kochen bereit. Ohne Telefon oder Fernsehen bestand ihre einzige Verbindung zur Außenwelt in einem alten Radio, das an einem guten Tag zwei oder drei Lokalsender empfangen konnte.
 
Die alte Frau genoss jedoch einen Komfort: fließendes Wasser. Ein kristallklarer Bach plätscherte wenige Meter hinter ihrem Haus.
 
Ein kleiner Garten sorgte im Sommer für frisches Gemüse und ein paar Kürbisse und Rüben für den Winter. Ein gepflegter Blumengarten zierte die Front vor ihrem Heim.
 
Das Reporterteam kam an und stellte seine großen, teuren Kameras auf. Ihr mobiler Sender übertrug Bilder von der Frau und dem Ort, den sie ihr Zuhause nannte.
 
Schließlich fragte der Reporter die alte Frau: "Wenn die Regierung Ihnen monatlich 200 Dollar mehr zahlen würde, was würden Sie dann mit dem Geld machen?"
 
Ohne Zögern erwiderte die Frau: “Es den Armen geben."
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Die Ameise und die Heuschrecke


 
Autor unbekannt
 
Die Mutter eines 9jährigen Jungen namens Mark erhielt am Nachmittag einen Anruf. Es war der Klassenlehrer ihres Sohnes.
 
“Frau Schmitz, heute ist in der Klasse 3a, also in der Klasse Ihres Sohnes, etwas sehr Ungewöhnliches passiert. Ihr Sohn hat etwas getan, das mich so sehr überrascht hat, dass ich dachte, Sie sollten sofort darüber Bescheid wissen.“

 
Mütter wollen selten einen Anruf des Klassenlehrers ihres Kindes erhalten. Die Mutter fühlte sich unbehaglich und war nervös wegen der Worte des Lehrers. “Was war denn los?”, fragte sie.  
 
Der Lehrer fuhr fort: “Ich arbeite jetzt schon seit so vielen Jahren als Lehrer und bisher ist noch nie etwas Derartiges passiert. Heute Morgen habe ich eine Unterrichtsstunde zum Thema „Kreatives Schreiben“ gehalten. Und wie ich es immer tue, erzähle ich dann die Geschichte von der Ameise und der Heuschrecke. Die Ameise hat den ganzen Sommer lang schwer gearbeitet und jede Menge Vorräte für den Winter angehäuft. Doch die Heuschrecke hat den ganzen Sommer lang nur gespielt und sich um nichts gekümmert.
 
Dann kommt der Winter. Die Heuschrecke beginnt zu hungern, weil sie nichts zu fressen hat. So hüpft sie also zum Haus der Ameise und beginnt zu betteln: 'Bitte, Herr Ameise, Sie haben doch so viel zu Fressen. Bitte geben Sie mir etwas ab.' Danach gebe ich den Jungen und Mädchen die Aufgabe, die Geschichte zu Ende zu schreiben.
 
Ihr Sohn Mark hat daraufhin aufgezeigt und gefragt: “Herr Lehrer, darf ich auch ein Bild dazu malen?"
 
"Ja, Mark, wenn du möchtest, kannst du ein Bild malen. Aber zuerst musst du die Geschichte zu Ende schreiben."
 
Am Schluss der Stunde habe ich die Arbeiten eingesammelt. Wie in allen vergangenen Jahren haben die meisten Schüler gesagt, dass die Ameise ihr Futter den Winter über mit der Heuschrecke geteilt hat und dass beide überlebten.
 
Wie immer haben ein paar Kinder gesagt: „Die Ameise hat gesagt: Nein, Herr Heuschrecke, Sie hätten im Sommer arbeiten und nicht spielen sollen. Ich habe nur genug Futter für mich selbst." Und so hat die Ameise überlebt und die Heuschrecke ist gestorben.
 
Doch Ihr Sohn hat die Geschichte ganz anders beendet als jedes andere Kind es in all den Jahren jemals getan hat. Er hat geschrieben: "Die Ameise gab all ihr Futter der Heuschrecke und die Heuschrecke überlebte den Winter. Die Ameise aber starb." Und unten auf das Blatt hatte Mark drei Kreuze gemalt. Darunter stand geschrieben: „Jesus gab sein Leben auf, damit wir ewig leben dürfen."
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Das Spinnennetz


 
Autor unbekannt
 
Ein junger Soldat geriet in einen schrecklichen und hoffnungslosen Kampf. Der Feind hatte die Armee dieses jungen Mannes gründlich besiegt. Er und seine Kameraden flüchteten hastig vom Schlachtfeld und rannten um ihr Leben. Der Feind nahm die Verfolgung auf. Der junge Mann rannte so schnell er konnte, voller Angst und Verzweiflung. Doch bald war er von seinen Kameraden abgeschnitten.
 
Schließlich kam er an einer Felsplatte an, in der sich eine Höhle befand. Wissend, dass ihm der Feind dicht auf den Fersen war, und erschöpft von der Jagd, beschloss er, sich darin zu verstecken. Nachdem er in die Höhle gekrochen war, fiel er in der Dunkelheit auf sein Angesicht und schrie verzweifelt zu Gott, er möge ihn retten und vor seinen Feinden schützen. Er traf auch ein Abkommen mit Gott – eines, das viele Menschen (und du vielleicht auch?) schon vor ihm abgelegt haben. Er versprach Gott, wenn er ihn retten würde, würde er ihm im Gegenzug dafür den Rest seines Lebens dienen.
 
Als er danach wieder aufblickte, sah er, dass eine Spinne damit begonnen hatte, vor dem Eingang der Höhle ihr Netz zu weben. Während er beobachtete, wie die filigranen Fäden langsam aus dem Mund der Spinne kamen, grübelte der junge Soldat über diese Ironie nach. Er dachte: „Ich habe Gott um Schutz und Befreiung gebeten und stattdessen schickt er mir eine Spinne. Wie soll eine Spinne mich retten?"
 
Sein Herz verhärtete sich und er glaubte zu wissen, dass der Feind sein Versteck bald entdecken und ihn töten würde. Es dauerte auch nicht lange bis er schon die Stimmen seiner Feinde hörte, die nun das Gelände durchsuchten. Ein Soldat mit einem Gewehr kam langsam auf den Eingang zur Höhle zu. Als der junge Soldat im Versteck noch weiter in die Finsternis der Höhle zurück kroch, in der Hoffnung, den Feind in einem letzten, verzweifelten Versuch, sein Leben zu retten, in einem Überraschungseffekt vielleicht doch noch überwältigen zu können, fühlte er sein Herz unkontrolliert und wie wild klopfen.
 
Als sich der Feind vorsichtig dem Eingang der Höhle näherte, entdeckte er das Spinnennetz, das sich nun komplett über die gesamte Öffnung zur Höhle spannte. Er wich zurück und rief hinüber zu einem Kameraden: "Hier kann keiner drin sein. Er hätte das Spinnennetz zerreißen müssen um hier hinein zu kommen. Lass’ uns weitergehen."
 
Jahre später schrieb der junge Mann, der sein Versprechen eingehalten hatte und ein Prediger und Evangelist geworden war, über dieses Erlebnis. Was er beobachtet hatte, hat mir in harten Zeiten immer Mut gemacht, besonders wenn alles vollkommen unmöglich aussah.
 
Er schrieb: “Wo Gott ist, ist ein Spinnennetz wie eine Steinmauer. Wo Gott nicht ist, ist eine Steinmauer wie ein Spinnennetz."
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Der Wassernapf


 
Autor unbekannt
 
Ein Mann und sein Hund gingen eine Straße entlang. Der Mann genoss die Schönheit der Landschaft als ihm plötzlich klar wurde, dass er tot war.
 
Er erinnerte sich daran, dass er gestorben war und dass der Hund, der da neben ihm herging, schon seit Jahren tot war. Er fragte sich, wohin die Straße wohl führte, auf der sie unterwegs waren.
 
Nach einer Weile kamen die beiden an einer hohen, weißen Steinmauer vorbei. Sie sah aus, als würde sie aus feinem Marmor bestehen.
 
Auf der Spitze eines weitläufigen Hügels war sie durch einen hohen Gewölbebogen durchbrochen, der im Sonnenlicht glänzte. Als der Mann vor dem Gewölbebogen stand, sah er ein prächtiges Tor, das aussah wie aus Perlmutt und der Weg, der zu diesem Tor führte, sah aus wie pures Gold. Der Mann und der Hund gingen auf das Tor zu und als sie näher kamen, sahen sie an einer Seite des Tores einen Mann an einem Schalter.
 
Der Mann mit dem Hund fragte: „Entschuldigen Sie, wo sind wir hier?“
 
„Das ist der Himmel, mein Herr“, antwortete der Mann am Schalter.
 
"T! Haben Sie vielleicht etwas Wasser für uns?", fragte der Mann mit dem Hund.
 
„Natürlich, mein Herr. Kommen Sie herein und dann lasse ich Ihnen gleich etwas eisgekühltes Wasser bringen."
 
Der Mann am Schalter gestikulierte und das Tor begann sich zu öffnen.
 
„Kann mein Freund auch mit hereinkommen?“, fragte der Reisende und deute auf seinen Hund.
 
„Es tut mir leid, mein Herr, aber Tiere sind hier nicht gestattet."
 
Der Mann mit dem Hund dachte einen Augenblick nach und wandte sich dann wieder der Straße zu und wanderte mit dem Hund weiter den Weg entlang, den sie ursprünglich gekommen waren.
 
Nach einem langen Fußmarsch und auf dem Gipfel eines weiteren Hügels kamen die beiden an einem staubigen Weg an, der durch ein Hoftor führte, das aussah, als sei es noch nie geschlossen gewesen. Es gab keinen Zaun.
 
Als Mann und Hund sich dem Tor näherten, sahen sie im Hof einen Mann, der gegen einen Baum gelehnt stand und ein Buch las.
 
"Entschuldigen Sie!”, rief der Reisende ihm zu, „Haben Sie hier Wasser?"
 
"Aber sicher, hier drüben ist eine Pumpe, kommen Sie nur herein."
 
"Wie steht es mit meinem Freund hier?" Der Reisende deutete auf den Hund.
 
„Neben der Pumpe dürfte auch ein Napf stehen."
 
Mann und Hund gingen durch das Tor und tatsächlich – dort befand sich eine altmodische Handpumpe und neben ihr stand ein Wassernapf.
 
Der Reisende füllte den Wassernapf und gab dem Hund zu trinken. Danach nahm er selbst einen kräftigen Schluck.
 
Als beide ihren Durst gestillt hatten, gingen sie zurück zu dem Mann, der bei dem Baum stand.
 
"Wo sind wir denn hier gelandet?", fragte der Reisende.
 
„Das ist der Himmel", erwiderte der Mann.
 
„Das ist aber jetzt verwirrend“, sagte der Reisende. „Der Mann am anderen Ende der Straße hat auch gesagt, dort sei der Himmel."
 
"Oh, Sie meinen sicher den Ort mit der goldenen Straße und den perlenbesetzten Toren? Nein. Das ist die Hölle."
 
"Ärgert es Sie denn nicht, dass sie dort einfach Ihren Namen auf diese Weise missbrauchen?"
 
"Nein, wir sind einfach nur froh, das sie die Leute aussieben, die ihre besten und treuesten Freunde zurücklassen würden."
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Die Mausefalle


 
Autor unbekannt
 
Eine Maus linste durch den Riss in der Mauer und sah, dass der Bauer und seine Frau ein Paket öffneten. "Welche Leckerbissen mochte es wohl enthalten?"
 
Sie war jedoch völlig am Boden zerstört als sie feststellte, dass es eine Mausefalle war.
 
Mit ihrem Rückzug in den Garten des Bauernhofs verbreitete die Maus überall die Warnung: “Da ist eine Mausefalle im Haus! Da ist eine Mausefalle im Haus!"
 
Das Huhn gackerte und scharrte, hob seinen Kopf und sagte: "Sehr geehrter Herr Maus, das mag für Sie von gewaltiger Bedeutung sein, aber für mich ist es uninteressant. Mir kann eine Mausefalle nichts anhaben."
 
Die Maus wandte sich an das Schwein: “Da ist eine Mausefalle im Haus!" Das Schwein hatte Mitleid mit der Maus und sagte: “Das tut mir so leid, Herr Maus, aber ich kann leider nichts daran ändern. Ich kann höchstens für Sie beten. Seien Sie versichert, dass ich Sie in meine Gebete einschließe."
 
Als nächstes traf die Maus auf die Kuh. Sie sagte: „Herr Maus, das ist Pech für Sie, aber mich juckt das nicht."
 
So kehrte die Maus deprimiert und mit gesenkten Kopf in das Haus zurück um alleine der Gefahr der Mausefalle des Bauern ins Auge sehen zu müssen.
 
Genau in dieser Nacht war im Bauernhaus ein Geräusch zu vernehmen – es klang wie eine zuschnappende Mausefalle.
 
Die Frau des Bauern eilte herbei, um zu sehen, ob die Maus gefangen worden war. In der Dunkelheit sah sie nicht, dass es eine giftige Schlange war, deren Schwanz in die Mausefalle geraten war und so wurde sie gebissen. Der Bauer brachte seine Frau eilends ins Krankenhaus und sie kam mit einem heftigen Fieber zurück.
 
Jedermann weiß, dass zur Kräftigung frisch gekochte Hühnersuppe das Beste ist. Und so nahm der Bauer sein Beil und machte sie auf den Weg zur wichtigsten Zutat für die Suppe. Doch seiner Frau ging es auch am nächsten Tag noch nicht besser. Freunde und Nachbarn kamen, um sie zu besuchen, sie aufzumuntern und ihr Gesellschaft zu leisten.
 
Um sie alle beköstigen zu können schlachtete der Bauer das Schwein. Doch seine Frau wurde nicht gesund. Sie starb.
 
Unendlich viele Leute kamen zur Beerdigung und der Bauer musste die Kuh schlachten um sie alle verpflegen zu können.
 
Wenn du das nächste Mal hörst, dass jemand mit einem Problem konfrontiert ist, von dem du denkst, es würde dich nicht betreffen  -- dann erinnere dich: wenn einer von uns bedroht wird, sind wir alle in Gefahr.
 
Wir alle sind involviert in diese Reise, die wir das Leben nennen. Wir müssen ein Auge aufeinander haben und uns besonders bemühen, einander zu ermutigen.
 
Jeder von uns ist ein entscheidender Faden im Wandteppich einer anderen Person. Unsere Leben sind nicht umsonst miteinander verwoben.
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Die Prüfung


 
von S.I. Kishor
 
Sechs Minuten vor sechs zeigte die Uhr über dem Informationsschalter auf dem Hauptbahnhof von New York an. Der große, junge Armeeoffizier hob sein von der Sonne gebräuntes Gesicht und kniff die Augen zusammen um die genaue Zeit zu überprüfen. Sein Herz klopfte heftig. In sechs Minuten würde er die Frau sehen, die in den letzten 18 Monaten einen so besonderen Platz in seinem Leben eingenommen hatte. Die Frau, die er noch nie gesehen hatte und deren Worte ihn doch unermüdlich gestärkt hatten.  
        
Leutnant Blandford erinnerte sich an einen Tag im Besonderen. Es war der schlimmste Tag innerhalb der Kämpfe gewesen, als sein Flugzeug inmitten eines Geschwaders feindlicher Flugzeuge eingefangen gewesen war.
 
In einem jener Briefe hatte er ihr gestanden, dass er oft Angst verspürte und erst wenige Tage vor dem Kampf hatte er ihre Antwort erhalten: "Natürlich hast du Angst…alle mutigen Männer haben Angst. Wenn du das nächste Mal wieder an dir selbst zweifelst, dann solltest du in deinem Inneren meine Stimme hören, die diesen Vers zitiert: 'Und wenn ich auch wanderte im finsteren Tal des Todes, so fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir...' Daran hatte er sich erinnert und es hatte seine Kraft erneuert.
 
Jetzt würde er ihre Stimme hören. Vier Minuten vor sechs. Eine junge Frau ging nahe an ihm vorbei und Leutnant Blandford setzte sich in Bewegung. Sie trug eine Blume, doch es war nicht die kleine, rote Rose auf die sie sich verständigt hatten. Außerdem war diese Frau höchstens Anfang 20 und Hollis Maynel hatte ihm gesagt, sie sei 30. „Was soll’s?“, hatte er geantwortet, „Ich bin 32." Er war 29. Seine Gedanken wanderten zurück zu jenem Buch, das er im Trainingslager gelesen hatte.  
"Über menschliche Fesseln" hatte sein Titel gelautet und in dem ganzen Buch befanden sich Notizen in der Handschrift einer Frau. Er hätte nie geglaubt, dass eine Frau so zartfühlend, so verständnisvoll in das Herz eines Mannes schauen könnte. Ihr Name stand auf dem Einband: Hollis Maynell. Er besorgte sich ein Telefonbuch von New York City und fand ihre Adresse. Er hatte ihr geschrieben und sie hatte geantwortet. Am nächsten Tag war er verschifft worden, doch sie hatten sich weiterhin geschrieben. Dreizehn Monate lang hatte sie ihm treu auf jeden Brief geantwortet. Wenn seine Briefe nicht ankamen, schrieb sie trotzdem und nun glaubte er, sie zu lieben und er glaubte, dass sie ihn liebte. Doch sie hatte sich trotz all seiner Bitten standhaft geweigert, ihm ein Foto zu schicken.
 
Sie hatte das folgendermaßen erklärt: „Wenn deine Gefühle für mich echt sind, spielt es keine Rolle, wie ich aussehe. Nehmen wir einmal an, dass ich hübsch bin. Es würde mich immer verfolgen, du dich in erster Linie wegen meines Aussehens für mich interessierst und diese Art von Liebe würde mir missfallen. Nehmen wir einmal an, dass ich unscheinbar bin (und du musst zugeben, dass diese Möglichkeit viel wahrscheinlicher ist), dann würde ich immer fürchten, dass du mir nur schreibst weil du einsam bist und sonst niemanden hast. Nein, bitte mich nicht um ein Foto. Wenn du nach New York kommst, wirst du mich sehen und dann kannst du dir ein eigenes Bild machen."  
 
Eine Minute vor sechs. Er blätterte in den Seiten des Buches, das er in der Hand hielt. Dann begann das Herz von Leutnant Blandford zu hüpfen. Eine junge Frau kam auf ihn zu. Sie war groß und schlank und ihr blondes, lockiges Haar wippte bei jedem Schritt. Ihre Augen waren strahlend blau und ihre Gesichtszüge waren weich und freundlich. In ihrem blassgrünen Kostüm sah sie aus wie der lebendig gewordene Frühling. Er setzte sich in Bewegung in ihre Richtung und vergaß ganz, dass sie keine Rose bei sich trug. Als sich ihre Blicke begegneten, formten ihre Lippen ein kleines, herausforderndes Lächeln.  
"Gehen Sie in meine Richtung, Soldat?", raunte sie.  
 
Er machte noch einen Schritt näher zu ihr hin. Dann sah er Hollis Maynell. Sie stand fast direkt hinter der jungen Frau – eine Frau, die die 40 wohl überschritten hatte und ihr ergrauendes Haar zum Teil unter einen abgetragenen Hut gesteckt hatte. Sie war mehr als plump. Ihre Füße steckten in flachen, unmodischen Schuhen. Doch sie trug eine rote Rose in der hand über ihrem zerknitterten Mantel. Die Frau im gründen Kostüm ging schnell weiter. Leutnant Blandford fühlte sich, als würde er in zwei Teile zerrissen, so heftig war sein Verlangen, der jungen Frau zu folgen und doch so tief war auch seine Sehnsucht nach der Frau, deren Geist den seinen wirklich begleitet und aufrecht gehalten hatte – und da stand sie. Er konnte sehen, dass ihr blasses Gesicht sanft und sensibel war und ihre grauen Augen hatten ein warmes Funkeln.    
 
Leutnant Blandford zögerte nicht. Seine Finger packten das abgegriffene Exemplar von "Über menschliche Fesseln", das ihn für sie identifizieren sollte. Das würde keine Liebe sein, doch es würde etwas Besonderes sein, eine Freundschaft, für die er immer dankbar gewesen war und für immer und ewig dankbar sein würde...  
 
Er straffte seine Schultern, salutierte und hielt der Frau das Buch entgegen obwohl er immer noch die Bitterkeit seiner Enttäuschung spürte, während er sprach.  
 
"Ich bin Leutnant Blandford und Sie müssen Hollis Maynell sein. Ich bin so froh, dass Sie hergekommen sind. Darf ich – darf ich Sie zum Abendessen ausführen?" Das Gesicht der Frau verbreiterte sich in einem sonnigen Lächeln. „Ich weiß nicht, was hier eigentlich vorgeht, junger Mann", antwortete sie. „Aber diese junge Frau in dem grünen Kostüm hat mich gebeten, diese Rose über meinem Mantel zu tragen. Und sie hat gesagt, falls Sie mich bitten, mit Ihnen auszugehen, dann soll ich Ihnen sagen, dass sie in diesem Restaurant auf der gegenüberliegenden Straßenseite auf Sie wartet. Sie sagte, es sei irgendeine Art von Prüfung.“
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